Ostermarsch in spannungsreichen Zeiten.

Wachsende Teilnahme trotz schlechten Wetters

Seit 1960 finden in Deutschland Ostermärsche statt. Sie waren damals Ausdruck des Protestes gegen „atomare Kampfmittel jeder Art“. Bis heute gehen zu Ostern immer wieder Menschen auf die Straße, um im Rahmen der Ostermärsche gegen Atomwaffen, Kriege, Aufrüstung und Waffenexporte zu demonstrieren. Die Zahl der Teilnehmenden ist seit den Hochzeiten der Friedensbewegung in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts stark rückläufig, was immer wieder die hämische Frage aufkommen ließ, ob diese Aktionsform nicht überholt sei.

Der Ostermarsch 2017 fand vor dem Hintergrund anhaltender Kriege vor allem im Nahen Osten aber auch wachsender Spannungen zwischen den Großmächten statt. Für Aufregung sorgt auch die Außenpolitik Donald Trumps. Die unterscheidet sich bisher zwar (noch) nicht wesentlich von der seiner Vorgänger, seine aggressive Rhetorik verdeutlicht aber die bestehenden Gefahren und macht vielen Menschen Angst. In Deutschland sorgt die von ihm vehement geforderte Erhöhung der Rüstungsausgaben für Diskussionen. Im Vorfeld wurde daher in vielen Medien spekuliert, inwieweit sich diese Entwicklung auch in der Zahl der am Ostermarsch teilnehmenden Zahlen niederschlagen würde.

Fahrraddemo nach Frankfurt: Nur wenige trotzen dem Regen

In Darmstadt hat die Fahrraddemonstration zur Abschlusskundgebung am Römerberg Tradition. Aufgerufen hierzu wurde vom Darmstädter Friedensforum und vom Darmstädter Friedensbündnis. Normalerweise nehmen fünfzig bis sechzig Menschen daran teil. Dieses Jahr fand sich nur ein kleines Häufchen am Luisenplatz ein. Etwa eine Stunde vor der geplanten Abfahrt hatte es immer stärker zu regnen begonnen. Einige passten und fuhren mit der S-Bahn nach Frankfurt. Schließlich machte sich eine Gruppe von vielleicht fünfzehn RadfahrerInnen auf den Weg, um bei starkem Regen nach Frankfurt zu fahren. Unterwegs stießen immer mal wieder Leute dazu und es kamen etwa 25 Menschen mit dem Fahrrad in Frankfurt an. Unter ihnen waren Mitglieder der LINKEN, der DKP aber auch Grüne und vor allem Unorganisierte.

Für manche ist das mehr oder weniger Routine. Sie sind dem Ostermarsch mit und ohne Fahrrad seit Jahrzehnten treu und fanden es ganz selbstverständlich, auch dieses Jahr teilzunehmen. Angesichts des schlechten Wetters war es aber erstaunlich, dass einige Menschen unter diesen Bedingungen erstmals am Ostermarsch teilnahmen und auch noch die Widrigkeiten der Fahrraddemonstration in Kauf nahmen. Ich konnte während der Radtour mit fünf Teilnehmenden sprechen, die  zuvor noch nie bei einem Ostermarsch waren und es gerade jetzt für notwendig halten ein Zeichen gegen die Kriegsgefahr zu setzen und die sich zum Teil auch darüber hinaus engagieren möchten.

Auf dem Römerberg mehr Menschen als im Vorjahr

Nach Ankunft in Frankfurt konnten die RadfahrerInnen unter den 2.500 KundgebungsteilnehmerInnen noch etliche Bekannte aus Darmstadt und Umgebung begrüßen. Angesichts des schlechten Wetters war die Zahl der TeilnehmerInnen auf jeden Fall erfreulich und macht Hoffnungen, dass sich wieder eine größere Zahl von Menschen gegen Kriege und Kriegstreiberei engagieren. Auch Willi van Ooyen, Sprecher des Ostermarschbüros in Frankfurt am Main, erklärte, in diesem Jahr sei die Beteiligung an den Ostermärschen wieder gewachsen.

Als Rednerin listete die die Bundestagsabgeordnete Christine Buchholz (LINKE) einige Konfliktherde auf: Ukraine, Spannungen mit Russland, Syrien, Südsudan, Korea, der Streit um den Anspruch auf die Gewässer im Südostasiatischen Meer. Sie kritisierte, all diese Konflikte würden durch Aufrüstung und militärische Interventionen von außen angeheizt und verschlimmert. Sie verwies darauf, dass alleine die USA heute schon einen Rüstungshaushalt haben, der zehnmal so groß ist wie der von Russland. Entsprechend forderte sie auch für Deutschland eine Beendigung der Militärinterventionen und ein Ende der Aufrüstung. Dies könne nur durch eine starke Friedensbewegung und Widerstand von unten durchgesetzt werden. Denn: „Wer auf die Mächtigen der Welt hofft, um die Kriege zu beenden, der macht den Bock zum Gärtner.“ 

Daniel Cirera überbrachte die Grüße der französischen Friedensaktivisten und erinnerte an die Bedeutung der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen. Cassady Fendlay, eine führende Aktivistin des „Women’s March on Washington“, berichtete über den Widerstand der US-amerikanischen Frauenbewegung gegen die Politik Donald Trumps und seinen Nationalismus. Die SPD-Landtagsabgeordnete Andrea Ypsilanti wies auf die Bedeutung von Gerechtigkeit und Frieden für die Entwicklung der Gesellschaft hin. Sie betonte auch die Notwendigkeit einer starken Friedensbewegung. Allerdings blieb sie sehr allgemein und leitete daraus keine Forderungen an die Regierung oder die EU ab.  

Reinhard Raika
19.04.2017
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