Bei SchülerInnen mehr Interesse an Politik?

Stadtschüler*innenrat (SSR) wird wieder aktiver

Wer verfolgt, welche politischen Veranstaltungen es in Darmstadt gibt, stieß in den letzten Monaten immer mal wieder auf den Stadtschüler*innenrat. Alternativer Bildungstag, „Klangverstärkte Entnazifizierung“, Informationen zum G20-Gipfel in Hamburg sind einige Beispiele. Gustav und Carlo vom Vorstand des SSR berichten, dass dieses Jahr neue Leute mitarbeiten, die stärkeres Interesse daran haben, nach außen zu wirken. Auch in den Jahren zuvor sei der SSR nicht unpolitisch gewesen, aber es seien vor allem intern Meinungen ausgetauscht worden, ohne damit in die Öffentlichkeit zu gehen.

Ihrer Meinung nach gibt es bei SchülerInnen heute verstärktes Interesse an politischen Fragen. Es gebe eine grundsätzliche Unzufriedenheit mit den Zuständen im Bildungswesen: Zu große Klassen, zu starke Reglementierungen im Unterricht und bei der Fächerbelegung, zu hoher Leistungsdruck. Einen Ausdruck dieser Unzufriedenheit sehen die beiden auch in der hohen Beteiligung am Schulstreik vom 13. Juni. Dieser Streik wurde von einem Streikkomitee selbständig organisiert und etwa vierhundert SchülerInnen beteiligten sich daran. Auch wenn die Hälfte davon sich tatsächlich nur deshalb beteiligt hätte, weil sie Unterricht „schwänzen“ wollten, sieht Carlo das als Erfolg: Es zeige schließlich wie es um die Qualität des Unterrichts bestellt ist.

Der SSR will es jedoch nicht dabei belassen, die Unzufriedenheit zum Ausdruck zu bringen. In einem Arbeitsprogramm werden vielmehr auch Forderungen aufgestellt, um die Situation an den Schulen zu verbessern. Gefordert wird darin u.a. eine Gesamtschule als Ganztagsschule, u.a. um die soziale Selektion zu mindern. Aber auch Themen wie Antirassismus, sexuelle Vielfalt und Rechtsextremismus spielen eine Rolle. Schließlich spricht sich der SSR auch dafür aus, Werbung der Bundeswehr an Schulen zu verbieten.

Solche Themen spielten in den Workshops des „Alternativen Bildungstags“ eine Rolle. Es wurden dort Themen behandelt, die sonst im Unterricht zu kurz kommen. Hierfür konnten sich SchülerInnen vom Unterricht freistellen lassen.  So referierte Andreas Kemper über homophobe und antidemokratische Tendenzen in der AfD und es gab einen Beitrag zur Drogenaufklärung. Die Initiative „Viva con Agua“ informierte über die Schwierigkeiten, alle Menschen mit sauberem Trinkwasser zu versorgen und stellte Projekte vor, mit denen diese Probleme behoben werden konnten.

Zum G20-Gipfel in Hamburg gab es am 19. Juni eine Informationsveranstaltung an der Bert-Brecht-Schule. Da die Bildungspolitik heute hinter den wirtschaftlichen Interessen der Eliten zurückstehe, halten auch SchülerInnen den Protest gegen diese Politik für nötig.

Bei seinen vielfältigen Initiativen arbeitet der SSR zusammen mit der GEW, der Gewerkschaftsjugend und den Darmstädter ASten. Gemeinsam mit dem Stadtelternbeirat setzte sich der SSR für mehr Geld für Bildung ein.

Bis zu zehn SchülerInnen arbeiten regelmäßig im Vorstand des SSR mit. Obwohl alle weiterführenden Darmstädter Schulen Delegierte zur Vollversammlung des SSR entsenden, sind es hauptsächlich AbsolventInnen der gymnasialen Oberstufen, die sich hier engagieren. Dies wird als Problem erkannt, ohne dass es aber bisher gelöst werden konnte. Unterstützt wird die Arbeit des SSR durch zwei Vertrauenslehrer.   

Reinhard Raika
28.06.2017
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