Darmstadt gegen "Verquerdenker"

Gelungener Coup der Lilien-Fans

 Im Vorfeld der angekündigten „Querdenker-Demo“ am 28.3.2021 in Darmstadt gab es viel Aufregung. Ursprünglich war als Kundgebungsort der Karolinenplatz geplant, ein Platz direkt vor dem Impfzentrum. Die Helfer*innen im Impfzentrum waren alarmiert, sie befürchteten Störungen und eine Belästigung der Impfwilligen. Die Stadt untersagte den Kundgebungsort und die Kundgebung wurde vor das Stadion am Böllenfalltor verlegt.

Dann am Sonntag den 28.3. erzielte die Zivilgesellschaft in Darmstadt einen vollen Erfolg. Den – in Spitzenzeiten – 400 Verquerdenkern stand ein Demonstrationszug von 600 Teilnehmer*innen gegenüber. Mit einem Großaufgebot hielt die Polizei die beiden Gruppen vor dem Stadion am Böllenfalltor auseinander.

Einen besonderen Coup landeten die Fans des SV Darmstadt 98. Auf dem Vereinsgelände, direkt in Front der Verquerdenker-Demo, postierten sie ein überdeutlich sichtbares Transparent „SOLIDARISCH HANDELN STATT QUER HETZEN“ (s. die Bilder unten). Die ganze Zeit über mussten die Redner*innen vor diesem Transparent reden und die Teilnehmer*innen in diese Richtung sehen. Nicht nur die Fußballfans freuten sich über diesen gelungenen Streich.

Im folgenden dokumentieren wir eine Rede von Christiane Böhm, Mitglied der Fraktion der Linken im Hessischen Landtag.

„Liebe Darmstädter*innen und alle anderen, die heute gekommen sind,

ich bedanke mich ganz herzlich bei Euch, dass Ihr hier seid. Es ist ungeheuer wichtig gegen Coronaleugner*innen, Rassist*innen und Faschist*innen zu demonstrieren. Wir machen heute hier in Darmstadt klar: es geht gegen Entscheidungen von Regierungen in der Corona-Pandemie mit Abstand und Anstand zu demonstrieren, ohne sich mit Rechtsextremist*innen gemein zu machen.

Es gibt gute Gründe für Kritik an Landes- und Bundesregierung: Beschäftigte sind in Betrieben häufig der Krankheit und der Ansteckungsgefahr ausgeliefert. Die Regierenden üben keinen Druck auf Arbeitgeber*innen aus, den Gesundheits- und Arbeitsschutz tatsächlich zu gewährleisten. Dabei sind die Betriebe eine häufige Ansteckungsquelle und nicht alle können Homeoffice machen. Hier müssen die Unternehmen verpflichtet werden.

Es mangelt an Schutz durch regelmäßiges und konsequentes Testen. Das gilt insbesondere für die Arbeit mit Kindern, gerade in Kitas und in den Schulen. Die Kolleg*innen müssen hier viel besser vor der Ansteckung geschützt werden. Sie müssen schnell geimpft werden und zwar alle, die mit Kindern arbeiten. Es mangelt an Unterstützung für diejenigen, deren Existenz durch die Pandemie gefährdet ist. Sie brauchen viel mehr Unterstützung: die Künstler*innen, die Selbständigen und diejenigen in prekären Lebensverhältnissen.  

Wir fordern die Polizei auf, heute hier in Darmstadt dafür zu sorgen, dass kein zweites Kassel zugelassen wird. In Kassel hat die Polizei Gegendemonstrant*innen weggedrängt und geschlagen, um Coronaleugner*innen und Nazis den Weg freizumachen. Eine nicht genehmigte Demonstration ohne Einhaltung der Hygieneauflagen wurde beschützt, während diejenigen, die mit Abstand demonstrieren wollten, daran gehindert wurden. Das war ein fatales Signal an alle, die sich verantwortlich verhalten, um das Virus zu bekämpfen. Deren Engagement wurde missachtet, während sie denjenigen, die das Virus verbreiten der Weg bereitet wurde.  So werden wir weder das Virus bekämpfen noch die Demokratie erhalten und ausbauen.  

Hessen braucht einen Neuanfang – ohne Innenminister Beuth und seine unsägliche Politik in Bezug auf die Polizei, ohne seine Unterstützung für faschistische Strukturen und ohne seine Abschiebepolitik. Es ist an der Zeit, dass wir alle dafür kämpfen.  

Ich bedanke mich sehr bei allen, die heute hier sind und bei den Organisator*innen für die tolle Vorbereitung der Demonstration und der Kundgebungen. Es zeigt sich, wir sind mehr. Machen wir weiter so.“

 

 

 

 

Erhard Schleitzer
30.03.2021