Real / Edeka in Groß-Gerau: Schwarze Liste beim Betriebsübergang

Unliebsame Beschäftigte werden nicht übernommen

Der Konzern Metro teilte im September 2018 mit, die Real GmbH mit allen Märkten verkaufen zu wollen. Es gab Vereinbarungen mit Globus, Edeka und Kaufland zur Übernahme der Märkte. Der Real-Markt in Groß-Gerau wird im April 2022 von Edeka übernommen. Im Vorfeld dieser Übernahme gab es Vorkommnisse, die an gewerkschaftsfeindliche Praktiken des vorletzten Jahrhunderts erinnern. Doch wie es aussieht, können solche Methoden auch heute noch ausgeübt werden ohne dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

Wie der ver.di-Fachbereich für den Handel in seinem Info „Kuckuck“ mitteilte, wurde im Sommer 2021 dem Betriebsrat von der real-Geschäftsleitung mitgeteilt, Edeka übernehme den Markt nur, wenn „vierzehn namentlich bekannte Beschäftigte vorher das Unternehmen verlassen würden.“

 

Als Alternative wurde dem Betriebsrat damit gedroht, „dass Edeka den Markt zwar kaufe, aber das Personal vorher entlassen sein müsse“. Die Namen der Betroffenen wurden erst später bekannt gegeben. Nach Angaben von ver.di umfasste sie „viele Mitglieder des siebenköpfigen Betriebsrates, aber auch Beschäftige, die ihr Grundrecht auf Streik immer wieder wahrgenommen hatten.“

 

Es sei „durchgesickert“, dass die Liste von einem früheren „Mitarbeiter in Führungsposition“ bei Real erstellt und Edeka offenbar übergeben worden war. Das aber ist die Praxis der „schwarzen Listen“, die vor allem in der Kaiserzeit die gängige Methode war, mit der sich die Unternehmen gegenseitig vor „gewerkschaftlichen Unruhestiftern“ warnten. Wie das Beispiel Real / Edeka in Groß-Gerau zeige, bedienten sich Unternehmen auch heute noch solcher Praktiken, „anderen Unternehmen als „untragbar“ anzuzeigen.

Den vierzehn Beschäftigten bot Real eine Abfindung an, die über den mit dem Real-Gesamtbetriebsrat ausgehandelten Sozialplan hinausgingen. Als der Betriebsrat auf einer Betriebsversammlung über diese Angelegenheit informierte, wurde dies allgemein als „Erpressung“, als schockierend und skandalös empfunden. Die vierzehn „Ausgesonderten“ hatten sich zu diesem Zeitpunkt aber schon entschieden, auf das „Angebot“ einzugehen. Sie wollten nicht das Risiko eingehen, das im Falle einer Ablehnung der gesamten Belegschaft gekündigt werden könnte.

Seit November letzten Jahres sind alle vierzehn oft langjährig Beschäftigten der „Schwarzen Liste“ freigestellt und erhalten neben der Abfindung ihr Gehalt bis zum Auslaufen ihrer persönlichen Kündigungsfrist von bis zu sieben Monaten.

Ver.di kommentiert die Vorgänge um die schwarzen Listen mit folgenden Worten: „Die unrühmliche Vergangenheit ist hierzulande wie bei anderen Ereignissen offenbar nicht „tot“, sie ist nicht einmal vergangen, sondern aktuell wie eh und je.“

Quelle: Kuckuck, Information für Betriebsräte und Beschäftigte, Nr. 162 (Hrsg: ver.di Südhessen, Fachbereich Handel)

Reinhard Raika
26.01.2022