Bau eines überdimensionierten Aldi-Marktes im Ortskern Arheilgen

Bürgerbeteiligung als Farce

Mitten im Ortskern von Arheilgen soll an der Frankfurter Straße ein zweiter großer Aldi-Markt gebaut werden, gegen den Widerstand der meisten Arheilger Bürger*innen. Auf dem Grundstück befinden sich zur Zeit ein (kostenloser) Parkplatz und ein heruntergekommener Spielplatz, den die Stadt seit Jahren nicht mehr pflegen ließ. Die Bewohner*innen auf der anderen Seite des Straßenblocks in der Darmstädter Straße bekamen bereits seit den siebziger Jahren vom Stadtplanungsamt verbindliche Vorgaben im Bebauungsplan A.71, wie sie ihre Häuser zu sanieren haben, um den kulturhistorischen Ortskern von Arheilgen zu erhalten. Ein Gang durch diese Straße lohnt sich für alle Nicht-Arheilger.

Die aufwendig renovierten alten Häuser bekommen nun in ihren Block einen riesigen Klotz reingesetzt. Der geplante Aldi-Markt ist mit über 1000 qm Verkaufsfläche einer der größten Discounter in Darmstadt. Die Grundstücke werden zu fast 85 % bebaut, die versiegelte Fläche beträgt 2.700 qm, die Bauhöhe überragt deutlich die Umgebung. Über dem Discounter, sollen 16 Wohnungen entstehen. Für die notwendigen Parkplätze wird eine Tiefgarage gebaut. In Arheilgen gibt es bereits schon einen Aldi-Markt, direkt im Ortszentrum einen Edeka-Markt (Vollversorger) und dm-Markt, dazu 3 Obst- und Bauernläden. Wer braucht also in Arheilgens Mitte einen solchen Riesenbau? Was hätte aus den Ortskern Arheilgens alles gemacht werden können, z. B. Gestaltung eines baulich ansprechenden und menschen- und begegnungsfreundlichen Orts ?

Klammheimlicher Grundstücksverkauf der Stadt an Aldi

Bereits im Februar 2017 beschloss der Darmstädter Magistrat die der Stadt gehörenden Grundstücke der Aldi-Grundstücksgesellschaft zu verkaufen. In der nicht öffentlichen Magistratsvorlage wird der Verkaufsbetrag von 406.000 € genannt. Der Verkauf der städtischen Flächen widersprach jedoch dem gültigen Bebauungsplan (A 7.1). Die Stadtregierung fand eine Lösung und beschloss 2019 zusammen mit Kooperationspartner Uffbasse einen neuen vorhabenbezogenen Bebauungsplan (A43), der nun den Aldi-Bau ausdrücklich ermöglichte und für diese Fläche den gültigen Bebauungsplan außer Kraft setzte. So kommt nun ein riesiger Betonklotz mitten in den liebevoll restaurierten Block mit den Häusern in der Darmstädter Straße.

Aldi kann sich freuen. An der Stadtverordnetenversammlung vorbei wurde der Verkauf der städtischen Grundstücke klammheimlich eingeleitet.

Bürgerbeteiligung passt nicht in den schwarz/grünen/lila Regierungsstil

Auf dem im Januar 2017 veranstaltetem Arheilger Stadtteilforum („Ihre Anregungen, Verbesserungsvorschläge und Kritik sind immer willkommen“) verlor Oberbürgermeister Partsch kein Sterbenswörtchen zu dem anstehenden Verkauf der städtischen Grundstücke und der Planung von Aldi. Hier hätte dieses Thema im Sinne einer ernstgemeinten Bürgerbeteiligung hingehört. Erst im März 2018 wurden die Unterlagen zur Bebauung offengelegt und konnten Details eingesehen werden.

Natürlich wehren sich die Arheilger*innen. Mehr als 1000 Einwendungen wurden beim Stadtplanungsamt gegen die Bebauung eingereicht. Es gab zahlreiche Info-Stände der IGAB (Interessengemeinschaft Arheilger Bürger) und auch Aktionen vor dem Darmstädter Stadtparlament. Doch bei der Grün/Schwarz/Volt-Koalition prallt das alles ab. In der Stadtverordnetenversammlung am 10.2.2022 stimmte sie geschlossen gegen die ebenso fast geschlossenen Opposition und drückte das Aldi-Projekt durch.

Grünen und Volt, die die Bürgerbeteiligung groß auf ihre Fahnen geschrieben haben, müsste diese ziemlich brachiale Machtpolitik die Schamesröte ins Gesicht treiben. Die CDU hatte sich bereits bei der Kandidatenaufstellung für die letzte Kommunalwahl ihrer parteiinternen Kritiker aus Arheilgen entledigt und sie auf die hinteren Listenplätze verfrachtet. Uffbasse hat jetzt immerhin zugegeben, dass ihre Hilfestellung für das Aldi-Projekt rückblickend ein Fehler war.

Die Arheilger*innen machen weiter. Die IGAB hat angekündigt, dass sie die Klagen der betroffenen Nachbar*innen des Aldi-Baus unterstützt und sammelt Spenden für die anstehenden Prozesskosten. Stadt Baudezernent Kolmer bezeichnete die Protestierenden vor der letzten Stadtversammlung als „Protestdauerläufer“ - von ihm wohl abwertend gemeint. Die Arheilger*innen können es aber auch als Aufforderung begreifen.

 

 

 

Erhard Schleitzer
16.02.2022
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