Solidarisch mit den Beschäftigten des griechischen Senders ERT

Delegation des DGB Darmstadt in Griechenland

Unerwartete Brisanz erhielt die Reise einer Gruppe des Darmstädter DGB nach Griechenland. Eigentlich war sie unterwegs, um dem Arbeiterzentrum in Livadia, einer Stadt in Mittelgriechenland, Spendengelder zu überbringen. Dabei gerieten Teilnehmer jedoch mitten in die Auseinandersetzung um die Schließung des staatlichen Rundfunk- und Fernsehsenders ERT und konnten dort ihre Unterstützung für den Widerstand der Beschäftigten zum Ausdruck bringen.

Der DGB-Stadtverband hatte mit einem Solidaritätskonzert, am 1.Mai und bei anderen Gelegenheiten Geld für das Arbeiterzentrum in Livadia gesammelt. „Arbeiterzentrum“ wird in Griechenland der regionale Zusammenschluss der Betriebsgewerkschaften genannt. Diese Zentren haben traditionell die Aufgabe, Beschäftigte in Rechtsfragen zu beraten und die Betriebsgewerkschaften in ihren Auseinandersetzungen zu unterstützen. Durch die rigorose Sparpolitik der letzten Jahre gerieten jedoch immer mehr Menschen in materielle Not, so dass in Livadia das Arbeiterzentrum auch einen „sozialen Supermarkt“ eingerichtet hat. Dort werden Lebensmittel und gebrauchte Kleidung  an bedürftige Familien ausgegeben.

Die Solidaritätsgruppe des DGB-Stadtverbandes konnte hierfür 5.070 Euro übergeben.  Mit einem Teil des Geldes wurde sofort ein Großeinkauf getätigt. Wenn durch solche Spenden die Not auch nicht nachhaltig gelindert werden kann, so war diese Aktion doch auch ein wichtiges Zeichen der Solidarität; vor allem auch, weil diese Unterstützung aus Deutschland kam. Deutschland gilt als treibende Kraft hinter den unsozialen Sparprogrammen, und Solidarität von dieser Seite wird daher besonders geschätzt.

Diese Erfahrung konnte die Gruppe auch in Athen machen. Hier wurde sie von der Schließung des ERT überrascht. Am 11.Juni gegen 17 Uhr gab die Regierung völlig überraschend bekannt, um 24 Uhr desselben Tages alle Fernseh- und Radioprogramme des Senders abzuschalten. Dieser Beschluss erfolgte in Form eines Ministererlasses unter Umgehung des Parlaments. Die Beschäftigten verließen das Gebäude jedoch nicht und gestalteten weiter ein Programm in Selbstorganisation, das von einigen unabhängigen Sendern übernommen wurde und auch im Internet verfolgt werden konnte. Unterstützung erhielten die Beschäftigten auch von vielen Menschen, die sich protestierend vor dem Gebäude einfanden.

Die Gruppe der Darmstädter ging am nächsten Tag zum Sitz des Senders, um sich dort bei den Beschäftigten zu informieren. Sie wurden dann ins Nachrichtenstudio zu einem Interview gebeten, das über die Frequenzen anderer Sender übertragen wurde. Reinhard Raika, der stellvertretende Vorsitzende des DGB-Stadtverbandes, erklärte sich solidarisch mit dem Kampf der Arbeitnehmer von ERT. Er bezeichnete die Schließung des Senders als ein in Europa einmaligen Vorgang und als Angriff auf die Presse- und Informationsfreiheit. Die Art des Vorgehens erinnere ihn an die Endphase der Weimarer Republik, als auch in Deutschland die parlamentarische Demokratie durch präsidiale Notverordnungen immer weiter ausgehöhlt wurde.

Die Darmstädter Gruppe will mit den Beschäftigten in Kontakt bleiben und versprach, zuhause über die Vorgänge in Griechenland zu informieren.
Zum Programm der Gruppe gehörte am 10.Juni auch die Teilnahme an der Gedenkfeier zum Jahrestag eines Massakers der Waffen-SS in Distomo. Hierbei konnten die Teilnehmer einen Eindruck von den Gräueln bekommen, die während der deutschen Besatzung Griechenlands an der Zivilbevölkerung begangen wurden. Die Teilnehmer mussten ihren griechischen Gastgebern erklären, dass dieser Teil der deutsch-griechischen Geschichte in Deutschland leider nur wenig bekannt ist.

Presseerklärung DGB Darmstadt
18.06.2013