Behördliche Schikanen

...bei der Agentur für Arbeit Geschäftsstelle Erbach

Viele Schlecker-Frauen haben in den vergangenen Monaten durch Beschäftigte der Arbeitsagenturen in Südhessen so manche konkrete Hilfe beim Schreiben von Bewerbungen und bei der Jobsuche erhalten. Doch wurden sie von der Behörde nur selten in ein neues Arbeitsverhältnis vermittelt, sondern machten dies durch Eigeninitiative möglich. Allerdings gab es auch unschöne Erfahrungen mit der Arbeitsagentur, wie sie viele Erwerbslose immer wieder erleben und erdulden. Hier ein Beispiel aus der Geschäftsstelle Erbach der Agentur für Arbeit Darmstadt:

Nachdem Nelli M. [Name geändert] am 21. Juni dieses Jahres erfahren hatte, dass sie zum 31. Juli entlassen würde, rief sie sofort bei der Arbeitsagentur an. Das wurde angeblich registriert, so dass sie davon ausging, alles laufe bereits normal, als sie sich am 31. Juli erneut dort meldete. Sie erhielt einen Beratungstermin für den 9. August; an diesem Tag übergab sie alle nötigen Unterlagen für die Berechnung des Arbeitslosengeldes.

Vier Tage später kam ein Anruf der Arbeitsagentur, Nelli M. habe sich noch gar nicht arbeitslos gemeldet. Davon reichlich überrascht, ging sie am 14. August erneut zur Behörde - und wurde von der Kundenberaterin gleich lautstark und überheblich .empfangen: das Arbeitslosengeld würde erst ab 9. August gezahlt - und tschüss. Ein Gespräch mit dem Teamleiter brachte nichts wesentlich Neues, sondern nur die übliche Erfahrung, dass eine Krähe der anderen kein Auge aushackt, doch immerhin die Information, der so genannte Bewilligungsbescheid. werde in den nächsten Tagen zugehen.

Demgegenüber traf am 23. August bei Nelli M. ein Schreiben der Arbeitsagentur ein, in dem sie auf das Beibringen noch fehlender Unterlagen für die Berechnung des Arbeitslosengeldes hingewiesen wurde. Das erledigte die Erwerbslose noch am gleichen Tag; und wieder gab.s Geschrei: diesmal, wieso sie an einem Donnerstagnachmittag käme, denn dieser Tag sei den Berufstätigen. vorbehalten.

Nun gut, Arbeitslose brauchen ein dickes Fell, das wusste Nelli M. bereits aus eigener Erfahrung. Fünf Tage später erdreistete sie sich dennoch, bei der Arbeitsagentur nach dem ausstehenden. Bewilligungsbescheid zu fragen. Ihre Kundenberaterin teilte ihr mit, die Unterlagen vom 23. August lägen der Behörde nicht vor. Deshalb stand Nelli M. am 29. August erneut auf der Matte und informierte die Kundenberaterin, sie habe um 13 Uhr einen Pressetermin und würde ihre Angelegenheit gerne vorher klären.

Jetzt kam plötzlich Bewegung in die Arbeitsagentur: die Kundenberater waren freundlich, die Unterlagen vom 23. August tauchten plötzlich. wieder auf, der Bewilligungsbescheid und die erste Zahlung des Arbeitslosengeldes wurden ihr für die nächsten Tage zugesagt.

Allerdings erhielt Nelli M. erst ab 9. August das ihr zustehende Geld. Wer arbeitslos ist, muss selbst wissen und wird offenbar bei der Kundenberatung nicht darauf aufmerksam gemacht, dass die Arbeitslosmeldung unverzüglich gemacht werden muss.
 

Aus: Info "Handeln" Nr. 43 vom 26. September 2012 für Betriebsräte und Beschäftigte im Fachbereich Handel der ver.di Bezirk Südhessen

ver.di Südhessen
04.10.2012