Elterndemonstration in Mühltal

Proteste wegen KiTa-Gebühren und fehlenden Kapazitäten

Eltern demonstrieren auf offener Straße, fehlende Kindergartenplätze und marode Einrichtungen, Verwaltung zeigt sich überlastet, Parlamentarier streiten redlich über die Erhöhung der KiTa-Gebühren- was ist im sonst ruhigen Mühltal gegenwärtig los?

Die Rekonstruktion der Ereignisse beginnt bereits Anfang 2016, da die vorhandene Kita-Kapazität in Mühltal nicht den faktischen Bedarf an Kindergartenplätzen abdecken kann. Vergebens hatten anfangs die tatkräftigen Elternbeiräte versucht, konkrete Zahlen über die fehlenden Plätze von der Gemeindeverwaltung zu erhalten. Erst nach einem Prüfantrag der LINKEN im Juni 2016, begleitet von öffentlichen Protesten der Eltern, gab die Verwaltung die Zahlen schließlich raus. Bilanz: es müssen mindestens zwei neue KiTa-Gruppen gebildet werden, um den rechtlichen Anspruch auf einen Platz gewährleisten zu können.

Daraufhin wurde im „Alten Rathaus“ in Mühltal-Traisa eine neue Kita-Gruppe provisorisch untergebracht (September 2016) und das bereits gestartete Privatprojekt „Waldkindergarten“ von der Verwaltung schließlich ernstgenommen und mitfinanziert. Der akute Mangel der Kinderbetreuung konnte so in letzter Minute und nur mit der Aufrechterhaltung des Drucks aus der Opposition „geflickt“ werden. Die Gemeinde plante daraufhin im Oktober 2016 einen Behelfskindergarten in Containern an der Kreissporthalle (Nieder-Ramstadt) ab 2017 zu errichten. Dieser Vorschlag wurde schon im November 2016 mit der Anmietung oder Kauf von geeigneteren Bauelementen aus Holz, welche nun auf dem Bolzplatz des Spielplatzes „Am Hag“ plaziert werden sollten, geändert.

Gleichzeitig sollten sich auch die Gebühren für die Kinderbetreuung erhöhen und zwar saftig: z.B. von aktuell 120 Euro (für ein Kind in der Basisbetreuung) auf 157 Euro. Die Verwaltung bezog sich in dieser Rechnung auf eine „empfohlene“ Drittelregelung, in der die Elternbeiträge 33% der Gesamtkosten aufbringen müssen. Die erst ungefragten Elternbeiräte hielten die heftigen Gebührenanhebungen als nicht mehr hinnehmbar. Nach erneuten Protesten vieler Eltern beschlossen die Parlamentarier im November 2016 einen „Runden Tisch“ aus Politik, Verwaltung und Elternschaft zu bilden. Aber auch dort fühlten sich die Elternvertreter nicht immer ernstgenommen, da die Verwaltung Tischvorlagen in den Ausschüssen brachte, ohne diese mit den Eltern vorher abzustimmen. Auch die sog. „Drittelregelung“ erwies sich, nach einer konkreten Anfrage der Eltern beim hessischen Familienministerium, als „Mißverständnis“.

Die verzweifelten Eltern gingen schließlich am 17.12.2016 für ein familienfreundliches Mühltal auf die Straße. Rund 250 Menschen nahmen an der Demo teil, die vom Hessischen Rundfunk begleitet wurde. Die Bürgermeisterin war für die Presse nicht anzusprechen.

Die Demonstration konnte Wirkung zeigen. In der darauffolgenden Parlamentssitzung am 22.12.2016 wurden die Gebühren nur moderat (um ca. 10%), mit der Mehrheit von SPD, LINKE, Grünen und Wählergemeinschaft FUCHS, erhöht. Nun bleiben der neue Standort und der Betreiber des neuen Kindergartens als Politikum in Mühltal weiterhin bestehen. Die Problematik der ungenügenden KiTa-Betreuung (quantitativ und qualitativ) besteht für die Zukunft weiterhin.

Mario Guglielmi
09.01.2017
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