Altersarmut

Starker Anstieg auch in Darmstadt

Die Altersarmut steigt in Deutschland kontinuierlich an. Nach den neusten Zahlen des Statistischen Bundesamtes vom Dezember 2015 bezogen in Deutschland 536.100 Personen Leistungen zur „Grundsicherung im Alter“. Im Jahr 2003 waren es 257.700, im Jahr 2010 412.000 Personen. Das bedeutet einen Anstieg um mehr als das Doppelte in nur 12 Jahren. Das sind die Zahlen, an denen sich der „Erfolg“ der Rentenreform der rot-grünen-Koalition messen lässt. Die Grundsicherung beträgt heute im Schnitt 794 Euro.

Folge der Renten“reform“
Nach einer Berechnung von ver.di hat ein Rentner, der sein Arbeitsleben 40 Jahre lang gearbeitet und im Schnitt 2.500 Euro verdient hat, nach 40 Beitragsjahren im Jahr 2030 lediglich einen Rentenanspruch von 809 Euro. Immer mehr Menschen, die nicht die vollen 40 Jahre in die Rentenkasse einzahlen, werden damit im Alter zu Sozialhilfeempfängern. Eine ununterbrochene Erwerbsbiographie ist heute bei vielen schon die Ausnahme. Arbeitslosigkeit, Beschäftigung in Teilzeit und überhaupt schlechte Bezahlung gehören aktuell zum Los vieler junger und auch mittelaltriger Beschäftigter.  

Starke Unterschiede in den einzelnen Stadtteilen Darmstadts
Auch die Stadt Darmstadt liegt voll in diesem Trend. Im Stadtgebiet erhielten am 31.12.2011 1.754 Einwohner über 65 Jahre die Grundsicherung im Alter. Am 31.12. 2008 waren es noch 1.449 Personen. Der Anteil der EmpfängerInnen von Grundsicherung im Alter stieg in dieser kurzen Zeit von nur drei Jahren von 5,54 auf 6,73 % an.

Die Altersarmut ist in Darmstadt in den Stadtvierteln extrem ungleich verteilt. Die höchste Rate wies Ende 2011 die Kirchtannensiedlung in Eberstadt aus. 194 Menschen über 65 Jahre waren dort auf die Grundsicherung angewiesen, das ist ein Anteil an der dortigen gleichaltrigen Wohnbevölkerung von 18,46 % (nur im Hochschulviertel war die Rate höher, aber wegen der sehr geringen Einwohnerzahl führte dies zu statistischen Verzerrungen). Einen ähnlich hohen Anteil von EmpfängerInnen der Grundsicherung über 65 Jahre hat Kranichstein-Nord mit 17,5%. Von den einwohnerstarken Wohngebieten folgen Am Ziegelbusch (Bezirk 270) mit 14,49%, Martinsviertel-Ost (230) mit 12,26, Kranichstein-Süd (910) mit 11,94% Martinsviertel-West (220) mit 11,82% und das Pallaswiesenviertel (260) mit 11,58%. Am Ende der Skala bewegen sich das Paulusviertel (410) mit 0,95% und die Villenkolonie (730) mit 0,69%.

Weshalb keine neueren Untersuchungen der Stadt Darmstadt?
Besonders skandalös ist, dass die Schere zwischen den armen und „reichen“ Wohngebieten immer weiter auseinander geht. In der Kirchtannensiedlung stieg der Anteil der älteren EmpfängerInnen von Grundsicherung von 2008 auf 2011 von 15,12% auf 18,46% an, in Kranichstein-Nord von 15,9 auf 17,5%, im Ziegelbusch von 12,07% auf 14,49%.

Einen Anstieg wie in Eberstadt-Süd um mehr als 3% in 3 Jahren kann man beinahe schon dramatisch nennen. Auf den ersten Blick verwundert es nun, dass in Darmstadt keine neueren Zahlen vorliegen, obwohl die Entwicklung von 2008 bis 2011 bereits alarmierend war. Der letzte Sozialatlas ist von 2013, wie erwähnt mit den Daten vom 31.12.2011. Funktion des Sozialatlas ist nach Auskunft der Autoren, Fehlentwicklungen zu vermeiden. Er sollte deshalb, so die Ausgabe von 2013, alle 2-3 Jahre fortgeschrieben werden (S. 46). Das ist wohl nicht geschehen - weil die soziale Spaltung sich weiter verschärft hat und die aktuellen Zahlen nicht veröffentlichungswürdig sind ?

www.darmstadt.de/1/presseservice/archiv-einzelansicht/news/sozialatlas-2013

Erhard Schleitzer
18.04.2017
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