Bundeswehr an Schulen

Wie Krieg und Waffenexporte gerechtfertigt werden.

"Frieden geht" - Das ist ein Staffellauf gegen Rüstungsexporte. Im Aufruf zu dieser Aktion heißt es:

"Deutschland ist weltweit der drittgrößte Rüstungsexporteur von Kleinwaffen (Pistolen und Gewehre) und viertgrößter Rüstungsexporteur von Großwaffensystemen (Kriegsschiffe, Kampfflugzeuge und Kampfpanzer). Deutsche Waffen werden an menschenrechtsverletzende und kriegsführende Staaten exportiert. Mit ihnen werden schwere Menschenrechtsverletzungen verübt, Millionen von Menschen in die Flucht getrieben oder getötet. Zivilist*innen – insbesondere Frauen und Kinder – sind die Hauptleidtragenden."

Der Staffellauf startete am 20.Mai in Oberndorf-Lindenhof, wo die Rüstungsfirmen Rheinmetall und Heckler&Koch ihren Sitz haben. Am 6.Juni soll die Staffel in Berlin an Vertreter_innen des Wirtschaftsausschusses im Bundestag übergeben werden, der über Rüstungsexporte beschließt. Am 18.5. war Station in Darmstadt. Auf dem Ludwigsplatz gab es hierzu eine Kundgebung. Im Folgenden dokumentieren wir die Rede von Nicolai Koch, einem Vertreter des Stadtschüler*innenrates. Er behandelt die Einflussnahme des Militärs auf die Schulen:

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Hallo!

Ich bin Mitglied des Stadtschüler*innenrats Darmstadt, also der Vertretung der 29.000 Schüler*innen auf Stadtebene. (...)

In meiner kleinen Rede wird es um Schule, Bildung und Militär gehen. Es wird darum gehen, wie Krieg und Waffenexporte gerechtfertigt werden. Wie sie vor Schüler*innen sogar legitimiert werden,  so dass wir nichts sagen.

Nichts sagen gegen Krieg, Waffenexporte oder gar die Bundeswehr. (...)

Schule, Ausbildung und Universität sind von der fachistischen und militaristischen Vergangenheit und teilweise auch Gegenwart Deutschlands geprägt.

Dazu möchte ich mit einem kleinen Schwenk , -einem kleinen, versprochen -, durch die Geschichte des Schulsystems beginnen.

„Lesen und Schreiben für alle“ – das führte Friedrich der Große ein. Er wollte, dass seine Soldaten den Anforderungen von komplexeren Waffen gerecht werden können. Außerdem sollten Kinder, also seine zukünftigen Soldaten, sich nicht auf dem Feld zugrunde arbeiten. Daher führte er die allgemeine Schulpflicht in Deutschland ein. In der Folge wurde die Jugend wieder militärtauglicher. 1839 wurde aus den selben Gründen das „Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Fabriken“ erlassen. Dieses Gesetz verbot die Fabrikarbeit für Kinder unter neun Jahren und  beschränkte sie bis zum 16. Lebensjahr auf täglich 16 Stunden. Klingt erst mal wie eine Verbesserung. Doch wurde die wirtschaftliche Ausbeutung schlicht durch eine militärische Ausbeutung ersetzt.

Heute werden Jugendliche in Deutschland nur noch selten wirtschaftlich derart ausgebeutet. Auch werden wir militärisch nicht mehr ausgebeutet. Dafür aber weiterhin kräftig fürs Militär geworben.

Was früher war, hat Auswirkungen ins heute:

Noch immer werden ehemalige Soldat*innen als Lehrer*innen eingesetzt. Schulen sind gebaut wie Kasernen. Ein schnurgrader Flur, an dem rechts und links die Stuben, -verzeihung- die Klassenzimmer abgehen. Anders als autoritär ist in so einem Gebäude kaum Unterricht möglich.

Außerdem  hat das Militär in Deutschland einen besonderen Status im Bildungssystem. Eigentlich dürfen Firmen in Schulen  nicht werben. Doch die Bundeswehr darf als „Unternehmen“, als die sie sich inszeniert, in den Politikunterricht kommen und soll dort nicht nur Reklame machen, sondern ihre politischen Ansichten verbreiten und für den Krieg, dessen Gräuel und das Sterben von morgen werben.

Doch die Bundeswehr wirbt nicht nur für den Militärdienst, vor Allem legitimiert sie Krieg und eigene Kriegseinsätze.

Dazu hat sie etwa 90 Jugendoffiziere, geschulte Redner*innen, ausgebildet in der ehemaligen Abteilung für psychologische Kriegsführung, so dass sie es wirklich raus haben Jugendlichen den Kopf zu verdrehen.

Diese Jugendoffiziere besuchen Schulen, Lehrer*innenfortbildungen und Berufsmessen. In Schulen bieten sie an Politik und Wirtschaftsunterricht stellvertretend zu halten.Ja! Angehörige des Militärs mit einem Auftrag vom Militär erklären Schüler*innen in einer nicht freiwilligen Veranstaltung wie globale Krisen gelöst werden können.

Und überraschenderweise reden sie nicht übers Reden, also über Verhandlungsmöglichkeiten und Diplomatie. Stattdessen geht es um Krieg. Darum, dass man selbst eingreifen muss oder „Verbündete“ mit Know-How und Waffen unterstützt.

Wie Kriege verhindert werden könnten wird nicht erwähnt. Nach einer erfolgreichen „Vertretungsstunde“ verlassen die Jungoffiziere ihren Arbeitsplatz, den Schutzraum Schule, und die Schüler*innen den Unterricht im Wissen, dass die Bundeswehr und Waffen sehr, sehr wichtig sind.

Wirklich schlimm wird es im Simulationsspiel „Polis“ der Bundeswehr, zu dem Schüler*innen immer wieder eingeladen werden. Und ein Wochenende spielerisch Politik zu lernen, kostenfrei und ohne Aufwand von Lehrkräften, das ist doch auch eine gute Teambuilding – Maßnahme, auch und außerdem macht es sicher Spaß…

In diesem Simulationsspiel lernen Schüler*innen, dass Wirtschaftsinteressen, wie das Sichern von Rohstoffen legitime Kriegsgründe sind. Bis zum Atomschlag können sie hier beweisen, dass sie die kranke Denkweise rund um Militäreinsätze und Waffenexporte verstanden haben.

Selbst Friedensaktivist*innen schaffen es selten das Spiel friedlich zu durchlaufen. Das zeigt die verdammte Absicht die hinter solchen „Lernangeboten“ steht. Krieg wird hier zur Normalität!

Noch ein letzter FunFact, bevor wir die Praktiken der Bundeswehr hinter uns lassen: Das Nachwuchsnetzwerk mit dem engagierte junge Menschen auf Kongressen für die Bundeswehr geworben werden heißt „young leaders“. Nach meiner Übersetzung „Junge Führer“. Es fällt mir schwer hier nicht über ungeschickte Traditionslinien zu lachen…

Wegen all dem und wegen noch mehr: Die Bundeswehr raus aus den Schulen! Die Kriegstreiberlogik raus aus den Köpfen!

Einen Punkt möchte ich noch anführen, einen Berührungspunkt zwischen der irrsinnigen Denkweise hinter Kriegen oder Waffenexporten und dem Bildungssystem:

Deutsche Waffenexporte und Wirtschaftsinteressen sind Ursache und Katalysator für Krieg in anderen Ländern. Kriege dessen Folge die mühselige, oft tödliche Flucht von Menschen ist. So sterben auf unsere Kosten und durch unsere Hilfe täglich dutzende Menschen.Wenn Geflüchtete es geschafft haben in Deutschland lebendig anzukommen, gibt Ihnen das hiesige Bildungssystem oft keine Chance. Beispielsweise durch fehlende Deutschkurse. Ja, das gleiche Bildungssystem, das Jugendliche in der Schule für die Armee anwirbt…

Deshalb fordern wir auch ausreichend, kostenlose Deutschkurse für Geflüchtete! Wir fordern den Stopp von Rüstungsexporten und Kriegen aufgrund von Wirtschaftsinteressen! Wir fordern eine Abschaffung des Kooperationsvertrags zwischen der Bundeswehr und dem Land Hessen das den Mist der Jugendoffiziere erlaubt!

Stadtschüler*innenrat
06.06.2018
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