Videoüberwachung auf dem „Lui“

Vorgezogener Wahlkampf der CDU – Anpassen der Grünen

Auf der Stadtverordnetenversammlung am 13.2.2020 stimmten Grüne, CDU, FDP und AfD für eine künftige Videoüberwachung des Luisenplatzes mit 15 Kameras. Dieser von den Grünen mitgetragene Beschluss sorgte nicht nur in der Stadtverordnetenversammlung für kontroverse Diskussionen, bereits einige Tage vorher hatten etwa 100 Menschen an einer Demonstration unter dem Motto „Freiheit statt Angst“ teilgenommen, um gegen die Pläne des Magistrats zu protestieren.

Die Überwachung scheint ein Lieblingsprojekt von Stadtbaurat Reisser zu sein und es geht um einen vorgezogenen Wahlkampf. Laut Kriminalstatistik ist Darmstadt die sicherste Großstadt Hessens und der Luisenplatz ist laut Auskunft der Polizei kein Kriminalitätsschwerpunkt. Zwar gibt es verschiedentlich Straftaten am Luisenplatz, doch ob sie durch die Kameras verhindert werden können, ist äußerst fraglich. Also gibt es keinen aktuellen Handlungsdruck für dieses Videoprojekt.

Die CDU und nun auch die Grünen argumentieren damit, dass die „gefühlte Sicherheit“ mit der Videoüberwachung erhöht werden. Ein ziemlich schwaches Argument. Wer sich auf eine solche Argumentation einlässt, befürwortet eine ständige Ausweitung der Überwachung an weiteren Plätzen – keine schönen Aussichten.

Der Stadtverordnete der LINKEN, Uli Franke, fasste seine grundsätzliche Kritik wie folgt zusammen: „Eine ernsthafte Abwägung zwischen dem Freiheitsrecht auf informationelle Selbstbestimmung und den Erfordernissen der Gefahrenabwehr kann nur zu dem Schluss führen, dass die Überwachung nicht gerechtfertigt ist und unterbleiben muss! Wo es im öffentlichen Raum viele Straftaten und Ängste gibt, sollten Menschen statt Apparate eingesetzt werden, um Sicherheit oder das Sicherheitsgefühl zu stärken.“

Andere Teilnehmer der Demonstration brachten es zynisch auf den Punkt: „Da haben sich die Grünen für jeden Meter neuen Fahrradweg eine Videokamera abhandeln lassen.“

Weitere gravierende Kritikpunkte:

Die Aufrüstung der Kameras mit einem Programm zur Gesichtserkennung ist technisch möglich und wird auch so von dem Hersteller beworben. Die Anwendung der Gesichtserkennung und einer automatischen Analyse der Bewegungen auf dem Platz ist in der Beschlussvorlage nicht ausdrücklich ausgeschlossen. „Der Verweis auf die Gesetzeslage ist unzureichend, denn Gesetze können geändert werden. Der Magistrat hat betont, dass die Beobachtung der Monitore nebenbei ohne zusätzlichen Einsatz von Personal stattfinden soll. Das ist eigentlich nur möglich, wenn künstliche Intelligenz die Hauptarbeit leistet. Dies ist die Spezialität des ausgewählten Anbieters Dallmeier. Der Druck wird groß sein, die automatische Videoanalyse frei zu schalten“ (Uli Franke).

Die Speicherungsdauer soll bis zu 10 Tage dauern. Viele andere Städte kommen mit einer Speicherungsdauer von 3 Tagen aus.

Auf Nachfragen ergab sich in der Stadtverordnetenversammlung, dass zwar die Kameras bei Demonstrationen ausgeschaltet werden sollen, dass aber für den Verfassungsschutz Ausnahmen gemacht werde können, ohne dass es der Versammlungsleitung mitgeteilt wird. So können Teilnehmer*innen einer Demonstration aufgezeichnet werden, was eine unzumutbare Einschränkung der Versammlungsfreiheit bedeutet.

 

 

Erhard Schleitzer
18.02.2020