„Klimagerechtigkeit wird auf der Straße erkämpft“

Klimabewegung meldet sich zurück

Am Freitag dem 24.9. fand weltweit der achte Global Climate Strike statt. Vor etwa zwei Jahren hatten diese Demonstrationen einen unerwarteten Zulauf. In Darmstadt nahmen über 10.000 Menschen daran teil. Doch trug Corona dazu bei, dass die Bewegung pausieren musste und danach nur auf verhaltene Resonanz stieß. Doch am 24.9. gab es ein deutliches Lebenszeichen. Zu Fuß und mit dem Fahrrad nahmen mehrere Tausend an der Aktion teil. Die Angst vor einer Ansteckung ist nicht mehr allgegenwärtig und die bevorstehenden Bundestagswahlen trugen sicher auch dazu bei.

Das Fronttransparent der Demonstration brachte allerdings zum Ausdruck, dass es auf Wahlen alleine nicht ankommt: „Klimagerechtigkeit wird auf der Straße erkämpft“. Die Reden und viele Transparente drückten eine kämpferische und antikapitalistische Stimmung aus. Daneben gab es aber auch Schilder, die Hoffnung auf die Wahl der Grünen zum Ausdruck brachten.

Wir dokumentieren die Rede von Johannes Reinhard von den verdi-Vertrauensleuten an der TU-Darmstadt, die den Geist der Demonstration gut ausdrückt:

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Liebe Kolleg*innen, liebe Aktivist*innen,

mein Name ist Johannes Reinhard. Ich bin einer der ver.di-Vertrauensleutesprecher*innen und im Personalrat der TU-Darmstadt.

Und ich bin hier, um, gemeinsam mit euch, für die Rettung des Klimas und gegen das Versäumnis und Versagen der Politik zu demonstrieren!

Unsere Welt befindet sich in einer doppelten Krise:Wir stehen vor einer Klimakrise, in der es immer wärmer wird, aber auch vor einer sozialen Krise, mit zunehmender sozialer Ungleichheit, hier in Deutschland, aber auch weltweit! Und zu allem noch verschärft durch die Corona-Pandemie.

Beide Krisen bedrohen die Zukunft von uns und Millionen – nein,Milliarden –, anderen Menschen und das lassen wir uns nicht gefallen!

Unser Planet brennt! Sozial und real! Hitzewellen, Tundra-Feuer und Waldbrände überziehen unseren Planeten und zig Millionen Menschen können sich allein aufgrund der Klimakrise nicht mehr ernähren und müssen Hunger leiden.

Das klingt erst mal weit weg, aber auch in Deutschland wird es immer wärmer. Auch auf uns kommen Extremwetter, Dürre, Wassermangel und Missernten zu. Und wer leidet darunter? Bestimmt keine Superreichen, die in klimatisierten Villen sitzen und sich problemlos exorbitante Lebensmittelpreise leisten können. Nein, es leiden besonders die immer größer werdenden Gruppen von Arbeitnehmer*innen, die Mindestlohn oder knapp darüber verdienen und Menschen, die auf Sozialsysteme angewiesen sind. Der aktuelle Preisanstieg bei Obst und Gemüse sorgt dafür, dass einfache Dinge, wie zum Beispiel Strauchtomaten für diese Menschen ein Luxusgut werden.

Und perverserweise sinken gleichzeitig die Preise für Fleisch. Was ist das für ein krankes System? Es wird Zeit den Kapitalismus zu überwinden, der unsere Gesellschaft und unseren Planeten zu Grunde wirtschaftet!

Was wir also brauchen ist eine sozial-ökologische Transformation. Wie soll unsere Gesellschaft, unsere Zukunft, organisiert sein? Statt der Produktion zur Gewinnmaximierung, die sich weder um ökologische noch soziale Belange schert, brauchen wir Ressourcen in Klimaschutz, Wohnraum, Bildung und Gesundheit!

Klimafreundliche Stromerzeugung muss unseren Energieversorgung dominieren! Die veralteten fossilen Energieträger Kohle und Gas müssen wir endlich überwinden und zurücklassen!

Unser Bildungssystem muss massiv überarbeitet werden, damit Menschen, unabhängig von ihrem sozioökonomischen Hintergrund gleiche Bildungschancen haben. Ein System, in dem man Zugang zu digitaler Lehre keine Frage des Geldes ist. Ein System, in dem alle Studierenden eine Wohnung auch bezahlen können. Ein System, in dem es eine unbefristete Perspektive in der Wissenschaft gibt.

Und auch unser Gesundheitssystem muss generalsaniert werden. Es kann nicht sein, dass der Gewinn/Kommerz im Mittelpunkt steht. Das Wohl der Patient*innen und auch der Beschäftigten muss der Fokus sein.

Wir brauchen also ein System, in dem wir alle eine Zukunftsperspektive haben! Und dafür stehen wir heute hier!

Lasst uns gemeinsam für eine Zukunft kämpfen, in der unsere Atmosphäre nicht mehr verpestet wird, unsere Meere nicht mehr zugemüllt werden, unsere Wälder nicht mehr in Flammen stehen und in der wir und unsere Mitmenschen sich Lebensmittel, Gesundheit, Bildung und Wohnraum leisten können.

Lasst uns gemeinsam für eine Zukunft kämpfen, in der unser Planet nicht mehr brennt.

siehsmaso / Johannes Reinhard
27.09.2021
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