Ende des Telekom-Standorts Darmstadt?

Neues Sparprogramm mit Verlagerung von Arbeitsplätzen

Darmstadt ist neben Bonn der größte Telekom-Standort. Das könnte sich bals ändern, wenn die jetzt bekannt gewordenen Pläne des Telekom-Vorstands Wirklichkeit werden. Wir veröffentlichen hierzu eine Presseerklärung des ver.di-Fachbereichs Telekom/IT:

Außerdem gibt es eine Petition von ver.di an den Oberbürgermeister Jochen Partsch mit der Aufforderung, sich für den Erhalt der Arbeitsplätze in Darmstadt einzusetzen. (siehe unten)

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Die Deutsche Telekom spart mal wieder. Wie so oft in den letzten Jahrzehnten auf Kosten der Beschäftigten. Dabei wechseln sich Standortzerschlagung und Personalabbau in loser Folge ab. Aktuell soll der Telekom - Standort Darmstadt „optimiert“ werden. Fast alle Gebäude werden abgemietet, ein großer Teil der Arbeitsplätze soll nach Frankfurt verlagert werden. Die Anfahrtszeiten werden sich dadurch noch einmal erheblich verlängern. Die Zielgebäude in Frankfurt lassen sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer erreichen. Über die Verkehrs- und Parkplatzsituation in Frankfurt muss nichts weiter gesagt werden.

Standortzerschlagung ist ein erprobtes Werkzeug im Personalabbau-Portfolio der Telekom. Dabei werden den Kolleginnen und Kollegen „zumutbare“ Arbeitsplätze angeboten. Die Fahrzeiten zu den „zumutbaren“ Arbeitsplätzen können sich dann schon mal vervielfachen. Das trifft vor Allem dieKolleginnen in Teilzeit, die Erziehungs- oder Pflegeaufgaben wahrnehmen. Wenn die Fahrt zum Arbeitsplatz dann plötzlich 2 Stunden länger dauert, dann macht der Job keinen Sinn mehr. Geschätzt geben 30% der betroffenen Kolleginnen und Kollegen auf. „Sozialverträglicher“ Personalabbau durch die Hintertür. Auch sonst findet der Personalabbau bei der Telekom „sozialverträglich“ statt. Betriebsbedingte Kündigungen gab es in den letzten Monaten nicht. Stattdessen werden den Kolleginnen und Kollegen ihre Aufgaben entzogen und sie werden aufgefordert, sich neue Tätigkeiten außerhalb des Konzerns zu suchen. Das kann schon mal an die Nieren gehen. Vor allem, wenn die KollegInnen seit Jahrzehnten engagiert bei der Telekom arbeiten und sich stark mit dem Unternehmen und der eigenen Tätigkeit identifizieren. Auch hier geben viele Kolleginnen und Kollegen auf und nehmen die Abfindung, die in der Regel nicht bis zur Rente reicht. Die Konsequenz: Hartz IV oder ein neuer Job, der deutlich schlechter bezahlt ist.

Während für die Beschäftigten die Mobilitätskosten durch die Decke gehen (die Preissteigerung zum Vorjahresmonat betragen beim Verkehr 10,8%, bei Kraftstoffen sogar 28,4 %), nutzt die Telekom die Corona-Krise, um Miet- und Gebäudebetriebskosten zu senken. Noch arbeiten in Darmstadt etwa 5.500 Beschäftigte (in den letzten Jahren lag die Zahl sogar bei über 6.000). Geht es nach den Plänen der Telekom, soll diese Zahl deutlich reduziert werden. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Zahl der Ausbildungsplätze, die von der Telekom in Darmstadt zur Verfügung gestellt werden. Die ist schon in den letzten Jahren deutlich nach unten gegangen. Wird der Standort Darmstadt mehr oder weniger abgewickelt, dann war’s das mit einer Perspektive für die Jugend bei der Telekom.

Der Konzern, der sich gerne sozial, ökologisch und gendergerecht gibt, wälzt die Verantwortung – ob sozial, ökologisch oder gendergerecht – auf Beschäftigte und Gesellschaft ab. Nicht verwunderlich, für einen Konzern, der sich nach der Privatisierung im Jahr 1996 ausschließlich den Aktionären verpflichtet sieht. Mit der Privatisierung hatte sich die gesellschaftliche Verantwortung erledigt.

Der Vorstand des ver.di Bezirksfachbereiches TK/IT Südessen spricht sich entschieden gegen die Pläne des Telekom-Managements aus. Er fordert auch Stadtverordnetenversammlung, Magistrat und Oberbürgermeister der Stadt Darmstadt auf, sich gegen die unsozialen Pläne der Telekom auszusprechen und das Telekom-Management aufzufordern, die Pläne fallen zu lassen.

Den betroffenen Kolleginnen und Kollegen empfehlen wir, sich in der Gewerkschaft ver.di zu engagieren und mit sichtbaren Aktionen Druck auf die Telekom auszuüben. Und sich vor allem in der anstehenden Tarifrunde für ein Ergebnis einzusetzen, das die höheren Aufwendungen für die Fahrt nach Frankfurt wenigstens ausgleicht!

Und wir sollten als Betroffene auch in Betracht ziehen, dass die Möglichkeit, von zuhause aus zu arbeiten, nicht unbegrenzt gegeben sein muss. Was  hindert die Telekom daran, die KollegInnen wieder zur Arbeit im Büro zu verpflichten, wenn der Personalabbau durch die sogenannte „natürliche Fluktuation“ (Rente, Ruhestand, freiwilliges Ausscheiden) nicht die geforderten Zahlen bringt. Dann würden sich längere Anfahrzeiten und gestiegene Mobilitätskosten unmittelbar im Geldbeutel der Beschäftigten bemerkbar machen. Mit den vom Management gewünschten Effekten bei den Personalabbauzahlen.

ver.di Fachbereich Telekom/IT
27.10.2021