Amerikanische Militärforschung an der TU Darmstadt

Pressemitteilung des AStA der TUD

Durch einen Bericht der Süddeutschen Zeitung wurde bekannt, dass an deutschen Hochschulen Forschungen im Auftrag des US-Verteidigungsministeriums betrieben werden.  An 22 Hochschulen sollen seit dem Jahr 2000 Projekte durch die US-Army finanziert worden sein. Das Auftragsvolumen hierfür betrug insgesamt mehr als zehn Millionen Dollar. Betroffen davon ist auch die TU Darmstadt: Strömungsverhalten an Flugzeug-Tragflächen, ultrahartes Material und Roboter-Software waren an der TUD Gegenstand von Forschungen im Auftrag der US-Army. (siehe: Darmstädter Echo,25.11.2013).

Derartige Forschungen sind in Deutschland schon lange nicht mehr Gegenstand der öffentlichen Diskussion. Vor dreißig oder vierzig Jahren war das anders. Damals wurde das Verhältnis von Forschung und Militär durch die Bewegung gegen den Vietnamkrieg und später gegen die sogenannte „NATO-Nachrüstung“ problematisiert. So beschloss der Konvent der TH Darmstadt 1973 folgende Richtlinie: „Die TH Darmstadt lehnt die Durchführung militärischer Auftragsforschung innerhalb ihrer Einrichtungen ab“.

Doch auch heute finden solche Diskussionen an den Hochschulen statt, wenn auch in der Öffentlichkeit nicht so sehr beachtet. Viele Universitäten haben sich in den letzten Jahren sogenannte Zivilklauseln gegeben, auch solche, die im Bericht der Süddeutschen Zeitung genannt wurden. Dazu gehört auch die TU Darmstadt. Seit 2011 gibt es in den Gremien der Universität hierüber eine Diskussion, und letztes Jahr wurde die Zivilklausel in die Grundordnung der Universität aufgenommen. Darin heißt es: „Forschung, Lehre und Studium an der Technischen Universität Darmstadt sind ausschließlich friedlichen Zielen verpflichtet und sollen zivile Zwecke erfüllen; die Forschung, insbesondere die Entwicklung und Optimierung technischer Systeme, sowie Studium und Lehre sind auf eine zivile Verwendung ausgerichtet.“
Umso erstaunter zeigt sich der AStA der TU Darmstadt über die Reaktion der Universitätsleitung, die ohne eingehende Prüfung über ihren Pressesprecher verkünden ließ, es handele sich bei den genannten Projekten „nicht um zivilklauselkritische Forschung“ handelt.

Wir veröffentlichen die Pressemitteilung im Wortlaut.

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Die Einführung einer Zivilklausel an der TU Darmstadt verläuft seit 2011 in einem spannenden Diskussionsprozess und die inhaltlichen Auseinandersetzungen genügten durchaus den wissenschaftlichen Ansprüchen einer Universität. Aktuell wird nun über drei Forschungsprojekte an der TU Darmstadt berichtet, die durch das US-Verteidigungsministerium finanziert wurden. Der AStA kritisiert die vorschnelle Reaktion der Universitätsleitung, die bereits zu dem Urteil gekommen ist, dass es sich bei den Forschungsvorhaben nicht um zivilklauselkritische Forschung handelt.

Dem Darmstädter Echo gegenüber äußerte sich am Dienstag diese Woche der Pressesprecher der TU Darmstadt, Herr Feuck, dass es sich bei der Zivilklausel um keine Verbotsliste handele, sondern es darum ginge, eine Diskussions- und Verantwortungskultur zu schaffen. Genau dies jedoch erreicht die TU Darmstadt nicht, wenn sie vorschnelle Schlüsse zieht und die Mitglieder der Universität nicht in eine Diskussion einbindet. Die Universitätsleitung stützt sich auf das Argument, dass es sich bei der Forschung um Grundlagenforschung handelt, die keine Anwendungsforschung zum Zweck militärischer Optimierung enthält. Dies lässt sich nach Meinung des AStAs aktuell im Sinne der Zivilklausel nicht hinreichend beantworten. Eine vom Senat der TU Darmstadt eingesetzte Arbeitsgruppe erarbeitet zwar derzeit eine Checkliste, mit der sich feststellen lassen soll, ob und inwieweit ein Forschungsvorhaben der Zivilklausel widerspricht. Diese wird jedoch noch nicht eingesetzt.

„Über die Zulässigkeit der Forschungsprojekte im Rahmen der neuen Zivilklausel kann ohne eine intensivere Überprüfung keine Aussage getroffen werden,  insbesondere nicht ohne Einbindung der Gremien“, erklärt Nina Eisenhardt, hochschulpolitische Referentin im AStA und Mitglied des Senats.

„Weil die Zivilklausel nicht primär nach Geldgeber, sondern nach Forschungszweck und -ziel entscheidet, sind für uns nicht nur die damals vom US Verteidigungsministerium geförderten Projekte interessant, sondern wir wollen uns auch mit den aktuellen Projekten in den jeweiligen Arbeitsgruppen
befassen“, so Nina Eisenhardt weiter.

„Wir fordern das Präsidium auf, sich näher mit den zwei im Bericht der Süddeutschen Zeitung genannten Forschungsprojekten zu befassen und dem Senat entsprechend zu berichten“ sagt Jan-Martin Steitz, ebenfalls vom AStA der TU Darmstadt und Mitglied in der Senatsarbeitsgruppe zur Zivilklausel.

Auch das Forschungsvorhaben zum Roboter „Atlas“, mit dem sich die TU Darmstadt aktuell im Wettbewerb um Geld der DARPA (Forschungsagentur des US Verteidigungsministeriums) befindet, wurde bereits im Senat thematisiert.

Die von Herrn Feuck betonte Freiheit von Wissenschaft und Forschung hat die TU Darmstadt durch die Aufnahme der Zivilklausel in dem ihr zulässigen Maße eingeschränkt. Auch in anderen Bereichen ist die Universität profilbildend tätig und entscheidet darüber, welche Forschung an der Universität durchgeführt werden soll. Die Universitätsversammlung hat sich mit der Verabschiedung der Grundordnungsänderung klar zu einer Universität mit friedlicher und ziviler Forschung bekannt. Der AStA fordert, dass dies nun konsequent gelebt wird und kritische Fragen nicht umgangen, sondern in den universitären Gremien diskutiert werden.

AStA TUD / siehsmaso
29.11.2013
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