Darmstädter-Echo-Verleger Bach will offenbar aus Tarifbindung aussteigen

ver.di: 400 Beschäftigten droht der Verlust tariflicher Sicherheit

Der Verlag des "Darmstädter Echo" plant offenbar den kompletten Ausstieg aus den Tarifverträgen für die Angestellten und die Redakteurinnen und Redakteure des Verlags. "Uns liegen Informationen vor, wonach alle 400 bisher tariflich Beschäftigten in tariflose Tochtergesellschaften überführt werden sollen", sagte der Leiter des ver.di-Fachbereichs Medien in Hessen, Manfred Moos.

Der neue Kurs des Darmstädter Verlagshauses habe sich angedeutet, als der Verleger Hans-Peter Bach vor kurzem ankündigen ließ, bei Neueinstellungen künftig die Arbeitsbedingungen und das Einkommen ohne Rücksicht auf Tarifverträge festzulegen. „Wenn die neuen Informationen zutreffen, verschärft das Medienhaus Südhessen mit seinem Flaggschiff Darmstädter Echo nun noch einmal drastisch das Tempo bei der Tarifflucht“, sagte Manfred Moos. Etwa 100 Redakteurinnen und Redakteure und 300 Verlagsangestellte müssten dann um den tariflichen Schutz ihrer Arbeitsplätze bangen. Moos kündigte an, dass ver.di in den kommenden Wochen die Beschäftigten umfassend über die Folgen einer Tarifflucht informieren werde und bereits damit begonnen habe, die Gegenwehr zu organisieren.

Eine nachvollziehbare Begründung für einen Ausstieg aus den Tarifverträgen gibt es nach Ansicht von ver.di nicht. Die starke Stellung der Echo-Gruppe auf dem Zeitungsmarkt in Südhessen sei ungefährdet. „Die Echo-Beschäftigten haben in den vergangenen Jahren wie ihre Kolleginnen und Kollegen in anderen Zeitungshäusern bereits erhebliche Reallohnkürzungen hinnehmen müssen“. Die Tarifgehälter der Redakteurinnen und Redakteure seien seit 2010 gerade einmal um 1,5 Prozent gestiegen, die der Angestellten um 2,0 Prozent.

Echo-Verleger Bach, der auch gleichzeitig Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt ist, hatte bereits 2009 in Darmstadt für negative Schlagzeilen gesorgt, als er die tarifgebundene Echo-Druckerei in Darmstadt schließen ließ und gemeinsam mit einem Mainzer Zeitungsverlag ein tarifloses Druckzentrum in Rüsselsheim errichtete. 130 Beschäftigte verloren damals ihren Arbeitsplatz und sollten mit Mini-Abfindungen abgespeist werden. Die Auseinandersetzungen um die Schließung der Druckerei hatten zu einer beispiellosen Solidaritätswelle in der Darmstädter Bevölkerung geführt. Ein Solidaritätskomitee hatte über Monate hinweg Streiks unterstützt, Kundgebungen organisiert und in Darmstadt die Unterschriften von 4.500 Menschen gesammelt, die für den Erhalt der Arbeitsplätze und die Tarifbindung protestierten. Am Ende konnten zwar die Entlassungen nicht verhindert werden, aber erhöhte Abfindungen und die Bildung einer Transfergesellschaft erreicht werden.

Rainhard Raika
10.09.2012
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