Abschiebepraxis immer brutaler

Erstmals dreiköpfige Familie trotz beispielhafter Integration in Darmstädter Abschiebegefängnis inhaftiert

Am 29.6. wurde die inhaftierte dreiköpfige Familie wieder freigelassen. Sie sollte eigentlich nach Pakistan abgeschoben werden. Allerdings gab es dagegen einige Proteste, eine Kundgebung vor dem Gefängnis in Eberstadt und der Petitionsausschuss des Landtags muss erst Gelegenheit haben, sich mit dem Fall zu beschäftigen. Das Ausländeramt in Kriftel hat selbst Fehler eingestanden und eine Ausbildungsduldung des Sohnes schützt sie zumindest vorübergehend.

"Obwohl die Familie in der Zwischenzeit wieder frei ist, möchten wir die Presseerklärung von "community for all" vom 26.6. veröffentlichen, in der dieser Fall behandelt wird.

Seit dem 23.06.2021 ist nun erstmals eine dreiköpfige pakistanische Familie in der Darmstädter Abschiebehafteinrichtung inhaftiert. Familie A. wurde gleich bei der Ankunft in Eberstadt voneinander getrennnt, da die Mutter im separaten Frauentrakt untergebracht wurde. Seither haben sie lediglich vormittags für ein bis zwei Stunden die Möglichkeit, sich zu sehen. Frau A. leidet an Diabetes Typ II und erlitt im Zusammenhang mit der Festnahme eine hyperglykämische Krise.

Herr A. kam im Herbst 2013 nach Deutschland, Frau A. und der gemeinsame Sohn Shayan folgten im Frühjahr 2014. Die Familie stellte einen Asylantrag, jedoch wurde dieser genau so wie das folgende Klageverfahren am 20.07.2018 abgelehnt. Seither war die Familie geduldet. 

Shayan war bei seiner Ankunft in Deutschland gerade einmal zwölf Jahre alt und besuchte die Weingartenschule in Kriftel im Taunus. Dort engagierte er sich unter anderem als Sprecher des Hauptschulzweigs und in der Schulkonferenz, wofür er von seiner Schule explizit geehrt wurde. Im Sommer 2020 beendete er die Schule vorerst mit einem guten qualifizierten Hauptschulabschluss. Nach der Überlegung eine Ausbildung anzufangen, entschied er sich dann doch dazu, weiterhin die Schule zu besuchen, um den Realschulabschluss zu erlangen. Hierfür hat er bereits einen Schulplatz ab August 2021.

Darüber hinaus stellte der mittlerweile 19-Jährige kürzlich einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für gut integrierte Heranwachsende gemäß §25a AufenthG, für welche er alle Voraussetzungen erfüllen müsste. Allerdings antwortete die Ausländerbehörde am 08.06.2021, dass er den Antrag noch einmal im August stellen solle, wenn das neue Schuljahr begonnen habe. Die Antwort kam also nicht einmal zwei Wochen vor der, zu diesem Zeitpunkt sicherlich schon geplanten, Inhaftierung.

Ähnliches gilt für seine Eltern: Beide sind bestens integriert, Herr A. hat bereits seit 2017 und Frau A. seit 2020 das Sprachniveau B1 erreicht. Außerdem haben beide erfolgreich den “Leben in Deutschland”-Test des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge absolviert. Darüber hinaus geht Herr A. seit dem 01.12.2019 einem unbefristeten Vollzeitarbeitsverhältnis in einem Frankfurter Imbiss nach. Er hätte also mindestens den Anspruch auf eine Beschäftigungsduldung, aufgrund seines bald achtjährigen Aufenthalts in Deutschland sogar auf eine Aufenthaltserlaubnis.

Es drängt sich der Eindruck auf, als solle Familie A. ganz gezielt noch “schnell” in ihr Herkunftsland abgeschoben werden, bevor seitens Vater und Sohn ein Regelanspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis bestünde.

Wir als Bündnis Community for all sind entsetzt über die Inhaftierung und solidarisieren uns klar mit der betroffenen Familie. Wir fordern ihre sofortige Freilassung sowie eine sichere Bleibeperspektive für Familie A."

community for all
01.07.2021
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