Für den Frieden -Aber wie?

Unterschiedliche Ansätze in Darmstadt

Der Überfall russischer Truppen in die Ukraine bewegt die Menschen auch in Darmstadt. Schon am Abend der Invasion, am 24.2.2022 gab es eine Demonstration, zu der Oberbürgermeister Partsch und Yücel Akdeniz als Stadtverordnetenvorsteher aufgerufen hatten. Hiermit sollte das „Entsetzen über die Invasion in die Ukraine“ zum Ausdruck gebracht werden und in der Erklärung des OB spielte die Solidarität mit der ukrainischen Partnerstadt Uzhhorod eine große Rolle. In den nächsten Tagen bildete sich ein Bündnis vieler Parteien und anderer Organisationen, das zu Kundgebungen aufrief. Dem Bündnis gehören an: Bündnis 90/Die Grünen Darmstadt, Grüne Jugend Darmstadt-Dieburg, CDU Darmstadt, Junge Union Darmstadt, Volt Darmstadt, SPD Darmstadt, Jusos Darmstadt, FDP Darmstadt, JuLis Darmstadt, Uffbasse Darmstadt, Deutscher Gewerkschaftsbund, Vielbunt e.V., IG Metall Darmstadt, Katholisches Dekanat Darmstadt, Evangelisches Dekanat Darmstadt.

Im Aufruf dieses Bündnisses zu den Kundgebungen heißt es: „Dieser Krieg - der erste zwischenstaatliche Krieg in Europa in diesem Jahrhundert – verstößt als unprovozierter Angriffskrieg gegen alle Regeln und rechtlichen Grundsätze des friedlichen Zusammenlebens, die sich die Völker seit dem Ende des zweiten Weltkriegs auferlegt haben.(…) Dieser Krieg bedroht die Grundlage all dessen, was wir in den letzten Jahrzehnten als selbstverständlich angesehen haben: Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung in Europa!

In der Bevölkerung gibt es ein großes Bedürfnis, die Betroffenheit über den Angriff Russlands zum Ausdruck zu bringen. Jeweils tausend Menschen nahmen am 26. Februar und am 5.März an den Kundgebungen teil. Es gab viele selbstgefertigte Plakate und Transparente, und viele Teilnehmende kamen wohl auch aus der Ukraine oder angrenzenden Ländern.

In den Reden wurde natürlich immer wieder die Politik Putins verurteilt. In vielen Beiträgen wurde die Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge gefordert. Als Reaktion auf den Angriff wurde meistens das gefordert, was auch die Bundesregierung beschlossen oder angekündigt hat. Es gab aber auch Beiträge, die darüber hinaus gingen.  So etwa die Forderung nach der Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine oder den vollständigen Boykott russischen Öls oder Gases. Diese Haltung wurde allerdings nicht von allen Zuhörenden geteilt. Eine etwas andere, gemäßigtere Haltung zeigte hierzu die Dekanin Ulrike Schmidt-Hesse. Sie betonte, dass weiterhin eine Deeskalation angestrebt werden müsse. Sie betonte, auch in dieser Situation die Notwendigkeit von Verhandlungen, um eine gerechte, stabile und langfristige Ordnung durchzusetzen. „Wenn du den Frieden willst, bereite den Frieden vor!“ Sie forderte eine breite politische Diskussion auch über die aktuell erhobene Forderung nach militärischer Aufrüstung.

DGB: Keine weitere Aufrüstung

Der DGB und die IG Metall, die ebenfalls zur Kundgebung aufriefen, organisierten eine eigene kleine Demonstration zum Kundgebungsplatz. In der Ankündigung hierzu hieß es:„Die gesellschaftliche Debatte um Ausrüstung beunruhigt uns. Die Rüstungsausgaben der Bundesrepublik sind nicht zu gering sondern gewaltig. Bereits letztes Jahr wurde für 2022 ein Verteidigungsetat von über 50 Milliarden Euro (über 55 Milliarden US Dollar) beschlossen.Wir benötigen nicht mehr Geld in Rüstung, dringend aber Investitionen in die sozial-ökologische Transformation, in Bildung und zur Absicherung der Leistungsfähigkeit unseres Sozialstaates.“Im Redebeitrag von Iris Gürtler als Vertreterin des DGB wurde dieser Aspekt aber nicht erwähnt.

Darmstädter Friedensbündnis: Gegen Krieg und gegen Aufrüstung

Einen etwas anderen Ansatz vertritt das Darmstädter Friedensbündnis. Es verurteilt vorbehaltlos die russische Invasion. In einer Erklärung des Bündnisses heißt es aber auch, dass die Ukraine-Krise eine zehnjährige Vorgeschichte habe und es werde daher „weiterhin auch die westliche Politik gegenüber Russland kritisieren.“ Neben einer Beendigung des Angriffskrieges und dem Rückzug der russischen Truppen werden daher auch ein Ende der NATO-Osterweiterung und „Verhandlungen unter Berücksichtigung der legitimen Sicherheitsinteressen Russlands“ gefordert.

Das Bündnis warnte auch vor einer „Orgie gegenseitiger Sanktionen“, die eine „weitgehende Entflechtung der Weltwirtschaft mit gravierenden Folgen für Wohlstand und Entwicklung weltweit“ zur Folge haben könne.

Das Friedensbündnis organisierte zwei Mahnwachen auf dem Luisenplatz unabhängig von den großen Kundgebungen auf dem Friedensplatz. Für den 6.März rief das Friedensbündnis zu einer regionalen Kundgebung der Friedensbewegung nach Frankfurt auf. Organisiert wurde die Kundgebung von der Frankfurter Friedens- und Zukunftswerkstatt. Der Aufruf zu dieser Demonstration stimmte weitgehend mit den Positionen des Darmstädter Friedensbündnisses überein.

Auf der Kundgebung sprach Uli Franke, Stadtverordneter der LINKEN, im Namen des Darmstädter Friedensbündnisses. Er sagte: „Das maßlose Handeln Russlands lässt sich weder mit der Vorgeschichte des Konflikts legitimieren noch mit dem Schutz der Menschen in Donezk und Luhansk.“. Werde jedoch die Vorgeschichte ausgeblendet, bleibe es unverständlich, warum „warum sich die russische Politik in diese Richtung entwickelt hat und warum diese Politik Rückhalt in der Bevölkerung finden kann.“

Er kritisierte auch, dass in einem „unglaublichem und unverantwortlichem Tempo ein gigantisches Aufrüstungsprogramm in Gang gesetzt wurde, das sich natürlich auch als Verarmungsprogramm erweisen wird.“. Diese Aufrüstung sei nicht erforderlich, da die NATO-Staaten schon heute zehnmal mehr für die Rüstung ausgeben als Russland. Der Widerstand gegen das Aufrüstungsprogramm müsse daher Konsens in der Friedensbewegung werden.

Friedenspolitischer Ratschlag

Am 11. März fand auf Initiative des Darmstädter Friedensbündnisses im Offenen Haus des evangelischen Dekanats ein „Friedenpolitischer Ratschlag“ statt. Die Einladung richtete sich alle, die über den russischen Angriff auf die Ukraine entsetzt sind,“ aber auch die vorherrschenden Reaktionen in unserem Land erschreckend“ finden.

Etwa vierzig Personen debattierten in mehreren Gruppen über die Ursachen des Krieges, über Schritte zur Deeskalation und über Handlungsmöglichkeiten hier und jetzt. Es wurde ein weiteres Treffen vereinbart und die Vorbereitung einer Veranstaltungsreihe.

 

 

LINKS:

Aufruf zur Kundgebung von Parteien und gesellschaftlichen Organisationen:https://www.politnetz-darmstadt.de/node/29986

Erklärung des Darmstädter Friedensbündnisses:https://www.politnetz-darmstadt.de/node/30013

Rede von Uli Franke bei der Kundgebung der Friedens- und Zukunftswerkstatt in Frankfurt:https://www.uli-franke.de/2022/03/06/1633/

Kontakt des Darmstädter Friedensbündnisses:friedensbuendnis@politnetz-darmstadt.de

 

 

14.03.2022
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