„Militärische Interventionen bekämpfen keine Fluchtursachen.“

Interview mit Anette Merkelbach vom Darmstädter Friedensbündnis

Seit über einemJahr gibt es in Darmstadt ein Friedensbündnis. Anette Merkelbach ist seit den Achtziger Jahren, also nach dem NATO-Doppelbeschluss in der Friedensbewegung aktiv und arbeitet auch in dem neuen Bündnis mit. siehsmaso interviewte sie hierzu.


siehsmaso:

Wie kam es zur Gründung des Darmstädter Friedensbündnisses?

Anette Merkelbach:

Das Darmstädter Friedensbündnis ist ein loser Zusammenschluss friedenspolitisch engagierter Gruppen und Menschen aus Darmstadt und Umgebung. Schon früher gab es anlässlich aktueller Kriege immer wieder Bündnisse auf lokaler Ebene, z.B. bei den Golfkriegen und dem Jugoslawienkrieg.

Bei allen Unterschieden der genannten Kriege ging es im Kern immer darum, die Zwangsläufigkeit militärischer Lösungen zu hinterfragen, Hintergründe aufzuzeigen und von den politisch Verantwortlichen konstruktive Konfliktlösungen einzufordern. Hierzu wurden Veranstaltungen und große Demonstrationen organisiert. Im Laufe der Zeit ließen die Aktivitäten allerdings nach und die regelmäßigen Treffen wurden eingestellt.

Anfang Dezember 2014 gab es ein neues Vernetzungstreffen von Leuten aus Darmstadt und Umgebung, die der Kriegslogik und -rhetorik in Politik und Medien aktiv etwas entgegensetzen wollten. Bei diesem Treffen waren wir uns einig, dass es höchste Zeit ist, etwas zu tun.

siehsmaso:

Warum gerade zu diesem Zeitpunkt?

Anette Merkelbach:

Zu der Zeit eskalierte die Situation in der Ukraine mit unabsehbaren Folgen. Der Konflikt beschäftigte uns vor allem aufgrund der deutschen Politik in der Auseinandersetzung aber auch in Anbetracht der geographischen Nähe. Wir haben uns daher vorgenommen, die Rolle der deutschen Politik sowie die der EU kritisch zu hinterfragen und Informationen jenseits des mainstreams in den Medien zu erhalten und weiterzugeben.

siehsmaso:

Welche Ziele verfolgt das „Darmstädter Friedensbündnis?

Anette Merkelbach:

Das Friedensbündnis hat sich zum Ziel gesetzt, in Anbetracht der aktuellen Krisenherde und Kriege, die Darmstädter Friedensbewegung wieder auf breitere Füße zu stellen. Wir informieren uns selbst und andere über Hintergründe von Konflikten und organisieren dazu Veranstaltungen. Dabei wollen wir friedliche Konfliktlösungsstrategien aufzeigen. Außerdem führen wir Aktionen durch, um Gegenöffentlichkeit herzustellen und von den politisch Verantwortlichen konstruktive statt konfrontative Maßnahmen einzufordern.

Das Bündnis hat inzwischen ein Selbstverständnis erarbeitet, auf dessen Grundlage die Arbeit basiert. Dabei wenden wir uns vor allem gegen die deutsche Kriegs- und Rüstungspolitik, wir kehren vor der eigenen Haustür. Wir wollen politische, wirtschaftliche und geostrategische Interessen der Großmächte offenlegen und ideologische Begründungen der Kriege hinterfragen.

siehsmaso:

Was waren Eure bisherigen Aktivitäten?

Anette Merkelbach:

Um unsere Kräfte zu bündeln, hatten wir uns zunächst auf den Ukraine-Konflikt konzentriert. In fünf öffentlichen, gut besuchten Veranstaltungen mit unterschiedlichen Referenten konnten wir uns aus verschiedenen Blickwinkeln über den Konflikt informieren. Zur Werbung für die Veranstaltungen gab es Infostände, Flyer und Plakate.

siehsmaso:

Wie ist Eure Position zum Konflikt in der Ukraine?

Anette Merkelbach:

Nach diesen durchweg sehr informativen Vorträgen hat das Bündnis ein Positionspapier zur Ukraine verfasst, in dem unsere Position, sowie unsere Forderungen zur Beendigung des Konflikts festgehalten sind. Wir glauben nicht, dass Russland der alleinige Schuldige an dem Konflikt ist, sondern dass auch der Westen gezielte Interessen verfolgt.

Daher fordern wir u.a., dass durch Gespräche und Verhandlungen Feindbilder und Ängste abgebaut werden und der bewaffnete Konflikt von beiden Seiten unverzüglich eingestellt wird.

siehsmaso:

In manchen Städten gab es Versuche rechter Gruppierungen, sich in die Aktionen der Friedensbewegung einzumischen. Gibt es damit auch Erfahrungen in Darmstadt?

Anette Merkelbach:

Bisher haben wir im Friedensbündnis keine Hinweise auf die Einmischung rechter  Gruppen und auch keine konkreten Auseinandersetzungen führen müssen. Wie wir in unserem Selbstverständnis festgehalten haben, wenden wir uns explizit gegen die Unterwanderung der Friedensbewegung durch rechtsextreme Gruppen. Nationalistische, rassistische, antisemitische, chauvinistische und faschistische Gruppen haben bei uns keinen Platz!

siehsmaso:

Viele Flüchtlinge fliehen vor den Kriegen in Nahost. Welche Rolle spielt das in Eurer Arbeit?

Anette Merkelbach:

Die zunehmende Zahl von Flüchtlingen aus den Kriegsgebieten kann auch uns nicht unberührt lassen. Wir werden uns in der nächsten Zeit daher auch dem Thema „Fluchtursachen“ und deren Bekämpfung widmen. Militärische Interventionen tragen sicher nicht dazu bei, Fluchtursachen zu bekämpfen. Im Gegenteil. Dementsprechend halten wir die Entscheidung der Bundesregierung, sich an der militärischen Intervention in Syrien zu beteiligen, für falsch.

siehsmaso:

Welche Pläne habt ihr für die weitere Arbeit?

Anette Merkelbach:

Auch zu diesem Thema planen wir derzeit eine Veranstaltungsreihe mit Referentinnen und Referenten, die sich schon länger mit der Situation im Nahen Osten beschäftigen. Die genauen Themen und Termine könnt ihr selbstverständlich im politnetz nachlesen.

Außerdem stellen wir diese und weitere Infos auf die Homepage des Friedensbündnisses. Die Adresse ist: darmstaedter-friedensbuendnis.de

Um die anstehenden Themen zu bearbeiten braucht es aber auch Unterstützung. Wir würden uns daher sehr freuen, wenn noch mehr Menschen im Bündnis mitarbeiten.


Kontakt:

Anette Merkelbach
Tel.: 06151/593411
Mail: a.merkelbach@web.de

https://sites.google.com/site/darmstaedterfriedensbuendnis/

 

13.01.2016
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