Agaplesion Elisabethenstift Darmstadt

Mehrheit fordert Tarifvertrag

Die Mehrheit der Beschäftigten am Agaplesion Elisabethenstift in Darmstadt ist sich einig: Statt des kircheninternen Dritten Wegs braucht es einen verbindlichen Tarifvertrag auf dem Niveau des Flächentarifvertrags TVöD. Und kurzfristig einen Inflationsausgleich von mindestens 3.000 Euro für alle. Rund 600 der insgesamt 1.100 Beschäftigten haben sich mit ihrer Unterschrift hinter diese Forderungen gestellt. »Die dringend nötigen Verbesserungen und eine faire Bezahlung für alle Berufsgruppen gibt es nur mit einem Tarifvertrag«, ist der Verwaltungsangestellte Benni Fischer überzeugt, der sich in der Mitarbeitervertretung (MAV) engagiert. Die MAV selbst stoße an klare Grenzen. »Wir brauchen die Gewerkschaft, deshalb organisieren wir uns in ver.di.«

Erneut zeige sich dieser Tage, dass auf dem »Dritten Weg« keine gerechte Bezahlung zu erwarten ist. Ohne Beteiligung der Mitarbeitervertretungen und ohne Information der Beschäftigten habe die Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie Hessen ein neues System der Eingruppierung entwickelt: Für dreijährig examinierte Pflegekräfte sollen demnach eigenen Entgelttabellen gelten, getrennt nach den Bereichen Krankenhäusern und Altenpflege. Zugleich sollen Öffnungsklauseln den Einrichtungen ermöglichen, von den festgelegten Beträgen abzuweichen. »Diese Aufspaltung der Beschäftigten hat einen rein finanziellen Grund, nämlich den, dass die Pflege am Bett in den Krankenhäusern nun vollständig refinanziert wird«, erklärt Fischer. »Mit der angeblich unteilbaren Dienstgemeinschaft, wie uns immer wieder erzählt wird, passt das überhaupt nicht zusammen.«

Auch Christoph Bathon, der als Fachkrankenpfleger in der Notaufnahme arbeitet, sieht die Pläne kritisch. »Es ist unbestritten, dass wir in der Pflege unterbezahlt sind. Die Tabellenentgelte liegen teilweise noch unter dem Pflegemindestlohn, der nur inklusive Zulagen erreicht wird.« Doch brauche es nicht nur in dieser einen Berufsgruppe Verbesserungen. Auch in der Therapie, der Sozialarbeit, der Medizinischen Assistenz und allen anderen Bereichen falle es Agaplesion zunehmend schwer, Arbeitskräfte zu gewinnen und zu halten. »Die kirchlichen Arbeitgeber nehmen ihre eigenen Regeln nicht ernst, sie richten sich nur nach dem Markt«, kritisiert Bathon. Das zeige sich auch in den Zulagen, die die kircheninterne Arbeitsrechtliche Kommission immer wieder als sogenannte Wettbewerbspakete beschließt. Die Zahlungen gelten nur befristet und kommen lediglich Pflegekräften zugute, und das sehr unterschiedlich. »Das ist Stückwerk, bringt keine Sicherheit und schafft Unfrieden.«

Die Alternative ist für Bathon und seine Kolleg*innen klar: »Wir brauchen Transparenz und Verhandlungen auf Augenhöhe – also Tarifverhandlungen mit ver.di.« Als ersten Schritt dorthin haben die ver.di-Aktiven die Petition gestartet, die neben dem TVöD als kurzfristige Maßnahme einen steuerfreien Inflationsausgleich von 3.000 Euro fordert. »Dass die Mehrheit die Petition unterzeichnet hat, ist ein toller Erfolg und zeigt, was die Kolleginnen und Kollegen wollen«, betont die Pflegewirtin und MAV-Vorsitzende Nicole Hartmann. »Doch um das wirklich durchzusetzen, brauchen wir mehr als Unterschriften. Diese harte Auseinandersetzung mit Agaplesion bestehen wir nur, wenn viele gewerkschaftlich organisiert sind und aktiv werden.«

Deshalb gehen die ver.di-Aktiven regelmäßig durchs Haus und leisten Überzeugungsarbeit. »Zum Teil braucht es mehrere Gespräche, bis die Leute bereit sind, ver.di beizutreten. Aber immer mehr Kolleginnen und Kollegen gehen diesen Schritt«, berichtet Hartmann. Sobald der Organisationsgrad hoch genug ist, will ver.di die Petition offiziell übergeben und das Elisabethenstift zu Tarifverhandlungen auffordern. »Das wird ein langer und steiniger Weg«, glaubt die Gewerkschafterin. »Aber wir sind fest entschlossen, ihn Schritt für Schritt gemeinsam zu gehen.«

 

Daniel Behruzi (ver.di)